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Geschichte des Herzogtums Geldern

Ausgangspunkt des Grafenhauses - wie die Heinsberger eine Seitenlinie der im 12. Jahrhundert ausgestorbenen und von Limburg beerbten Wassenberger - ist die dem Erzstift Köln entfremdete Vogtei Geldern (a. d. Niers), verbunden mit der Aachener Vogtei zu Erkelenz, Lütticher Vogteien um Roermond sowie Besitz längs des rechten Maasufers von Venlo und Gennep über den Reichswald bis Teisterbant. Ein zweiter Schwerpunkt kommt um 1120 infolge der Heirat Graf Gerhards II. mit einer Enkelin der ezzonischen Pfalzgrafen hinzu, lrmgard von Zutphen, deren rechts der mittleren lssel gelegene Grafschaft über zahlreiche Außenposten in Friesland, Westfalen und den Rheinlanden verfügt. Aufbauend auf der Vogtei des Utrechter Marienstifts zwischen lssel, Rhein und Zuidersee (seit 1108), entziehen die Geldrer mit brabantischer Hilfe die vornehmlich durch Rodung erschlossene Veluwe der Oberhoheit des Bischofs und treiben so einen Keil zwischen Ober- und Niederstift Utrecht. Diesem geschlossenen Komplex wird in der Marschlandschaft zwischen Rhein und Waal die Betuwe, westlich davon Bommelerward und Buren angegliedert. Graf Otto II. (1229-1271), der 1247 die deutsche Königskrone Heinrich Raspes ablehnt, erzwingt von dem an seiner Stelle gewählten Wilhelm von Holland die Übertragung des Nymwegener Reichs als Pfandschaft und stellt so die Verbindung zwischen Maas und Waal her. Er steigert die Stiftsvogtei Emmerich zur Stadtherrschaft (1233/61) und dringt von Zutphen aus durch Ankauf von Groenlo, Lichtenvoorde und Bredevoort gegen Münster vor. Die Besetzung des Bistums Lüttich mit seinem Bruder Heinrich (1247 bis 1274) erleichtert die Ausdehnung Maas aufwärts durch Ankauf von Kriekenbeck. Die Erwerbung der Herrschaft Montfort und zahlreiche Lehnsauftragungen an seinen Sohn Reinald I. runden das Territorium schon früh zu seiner endgültigen Gestalt ab.

Als der letzte Limburger Herzog Walram IV., Bruder Adolfs IV. von Berg 1280 kinderlos stirbt, kommt es zum Limburger Erbfolgestreit, der in der Schlacht von Worringen 1288 gipfelt (detaillierte Darstellung). In dieser Auseinandersetzung erhebt Reinald von Geldern als Schwiegersohn Walrams Ansprüche auf Limburg, die er an Brabant verkauft.

1339 wird Geldern zum Herzogtum erhoben. 1371 stirbt das geldrische Geschlecht im Mannesstamme aus. Im geldrischen Erbfolgekrieg (1371-79) fällt Geldern an die durch Heirat verbundenen Herzöge von Jülich. Als die Linie Jülich-Geldern ausstirbt, wählen die Landstände unter den erbberechtigten 1423 Grafen von Egmont aus, so daß Geldern wieder selbständig wird.

1472 verpfändet Arnold von Egmont Geldern an Karl den Kühnen von Burgund, der es 1473 erobert und vom Kaiser belehnt wird. Er gibt Teile (u.a. Goch) an Kleve ab. Nach dem Tode Karls des Kühnen 1477 kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen den Habsburgern, Maximilian I. als Karl Schwiegersohn, und Frankreich. Die Franzosen führen den noch lebenden Erben des Hauses Egmont nach Geldern zurück, was dadurch noch einmal zu einer Selbständigkeit findet.

Nach dem Tod des letzten geldrischen Herzogs Karl von Egmont im Jahre 1538 sprechen sich die geldrischen Stände für den klevischen Erbprinzen als Nachfolger aus, der 1539 als Herzog Wilhelm V. (der Reiche) in Jülich, Kleve, Berg, Mark und Ravensberg die Herrschaft übernahm. Der Erwerb von Geldern hätte diesen Vereinigten Herzogtümern eine beherrschende Stellung im Nordwesten des Deutschen Reiches ermöglicht, was vermutlich auch konfessionspolitische Auswirkungen gehabt hätte, und außerdem wäre durch Geldern eine direkte Verbindung zwischen den Territorien Kleve und Jülich hergestellt worden. Doch der Anspruch läßt sich nicht durchsetzen, da er auf den Widerstand des Hauses Habsburg stößt, das Geldern als (allerdings umstrittenen) Bestandteil des burgundischen Erbes für sich reklamiert, um seinen niederländischen Herrschaftsbereich abzurunden. Im kurzen geldrischen Erbfolgekrieg erringt Kaiser Karl V. in der Schlacht bei Düren einen eindeutigen Sieg über Herzog Wilhelm V., der im Vertrag von Venlo (1543) sich völlig dem Kaiser unterwerfen und zugunsten von Habsburg auf sämtliche geldrischen Ansprüche verzichten muß.

Das Herzogtum Geldern, das in seiner Ganzheit 1543 an Habsburg fällt, besteht aus vier Teilen, den so genannten Quartieren: Nimmwegen (Betuwe), Arnheim (Veluwe), Zutphen und dem südlich gelegenen und wirtschaftlich besonders wichtigen Oberquartier Roermond, in dem auch die Stadt Geldern liegt. Nach der Reichsteilung Karls V. (1555/56) fällt Gesamtgeldern zusammen mit den Niederlanden an Spanien, verbleibt jedoch im Deutschen Reich. Die Quartiere Nymwegen, Arnheim und Zutphen gehen jedoch faktisch bereits wenige Jahrzehnte später im Niederländischen Unabhängigkeitskrieg (80-jähriger Krieg) an die Generalstaaten verloren. 1648 werden sie auch staatsrechtlich Bestandteil der Republik der Niederlande und scheiden damit endgültig aus dem Reichsverband aus. Sie bilden heute im Großen und Ganzen die niederländische Provinz Gelderland. Dem Königreich Spanien verbleibt ab 1648 nur noch das südlich gelegene geldrische Oberquartier, das auch weiterhin Reichsgebiet ist.

1713 wird der Spanische Erbfolgekrieg im Frieden von Utrecht beendet. Die Vereinigten Niederlande erhalten das vorher zum Amt Krickenbeck gehörende Venlo, Beesel, das Amt Montfort, die Festung Stevensweert und Nieuwstadt. Diese Gebiete scheiden damit - wie zuvor schon die drei Niederquartiere - aus dem Deutschen Reich aus. Sie erhalten zunächst den Status von Generalitätslanden und bieten den Niederlanden die Möglichkeit, ihre Stellung an der Maas zu festigen, die dann 1815 noch weiter ausgebaut wird.

Österreich als Haupterbe der Spanischen Niederlande erhält nur einen geringen Teil vom geldrischen Oberquartier: den Hauptort Roermond sowie das Gebiet von Elmpt, Niederkrüchten und Wegberg, das wie ein Sporn in jülichsches Gebiet hineinragt. Zum österreichischen Teil Gelderns werden ferner mehrere Herrschaften gerechnet, die historisch gesehen zwar nicht zum eigentlichen Herzogtum gehörten, sich aber dennoch in einer gewissen Abhängigkeit von Geldern befinden.

Die von Jülicher Gebiet umgebene kleine geldrische Exklave Erkelenz fällt an das Herzogtum Jülich.

Der Hauptteil des Oberquartiers fällt durch den Frieden von Utrecht an Preußen. Es sind die östlich der Maas gelegenen Ämter Geldern, Straelen, Wachtendonk und Krickenbeck (mit der Exklave Viersen) sowie das ausgedehnte Amt Kessel westlich der Maas und außerdem mehrere östlich wie westlich des Flusses gelegene Herrschaften wie auch die nördliche Exklave Middelaar. Bereits während des Spanischen Erbfolgekrieges hatte Preußen 1703 die Festung Geldern erobert. Da Roermond als bisherige Hauptstadt des Oberquartiers nun zu Österreich gehört, wird die Stadt Geldern Verwaltungssitz des neu geschaffenen "Herzogtums Geldern preußischen Anteils". Mit dem Herzogtum Geldern besitzt Preußen erstmals ein fast ausschließlich katholisches Gebiet. Um den konfessionellen Status zu bewahren, muss der preußische König im Utrechter Frieden die Sonderrechte anerkennen, die bereits Karl V. 1543 den geldrischen Ständen zugestanden hatte. Trotzdem ist die Integration schwierig. Sprachlich gehört dieses neu erworbene preußische Gebiet noch bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts überwiegend dem niederländischen Sprachraum an.

Der preußische Teil Gelderns wird 1795 bzw. 1801 an Frankreich abgetreten. 1815 kommt das Herzogtum Geldern wieder an Preußen einschließlich der österreichischen Teile, wobei jedoch alle westlich der Maas gelegenen Teile sowie ein Streifen entlang dem Ostufer der Maas an die Niederlande fallen.

1946 wird Geldern mit dem Nordteil der preußischen Rheinprovinz Teil von Nordrhein-Westfalen.

Quellen:
Territorien-Ploetz. - Köbler, Gerhard, Historisches Lexikon der deutschen Länder, München, 1995.
Hantsche, Irmgard, Atlas zur Geschichte des Niederrheins, Bottrop, 1999.

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